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unsplash.com * photo by ellehem

Freifahrtschein Progredienz

Meine Neurologin hat sich jahrelang davor gedrückt, sich selbst das einzugestehen, was mir schon lange klar war. Meine MS ist progredient. Soll heißen: keine Schübe. Wenn sich was tut, dann ohne Pauken und Trompeten. Heimlich, still und leise.

Progredienz ist der Weltuntergang. Mag man denken, wenn man in das Gesicht meiner Neurologin blickt. Resignation. Lähmung. Null Ideen.

Progredienz ist das Ende. Mag man denken, wenn man der gängigen Lesart der Schulmedizin folgt: Schübe sind toll, messbar, behandelbar. Progredienz ist weder zu messen noch zu fassen. Die schulmedizinischen Antworten auf eine progrediente MS sind dünn.

Dennoch gebe ich mir ehrlich Mühe, der Schulmedizin weiterhin eine Chance in der Behandlung einzuräumen. Zum letzten Mal im Frühjahr 2015, als ich in der MS Ambulanz des Uniklinikums Leipzig aufschlug.

Warum? Zu dieser Zeit war ich unsicher: Beginne ich auf eigene Kappe mit LDN oder haben die Mediziner noch andere Angebote oder Ideen für mich parat?

Der Assistenzarzt war nett.

Er war hoch motiviert in der Untersuchung meiner Reflexe, Symptome und sonstiger Sonderbarkeiten. Ich war amüsiert und auskunftsfreudig.

Er war mäßig motiviert in der Unterbreitung von Angeboten. Da könnte ich an so einer Phase-3-Studie teilnehmen, hieß es von seiner Seite. Ich war interessiert, Forschung ist ja nicht verkehrt.

In der Studie wird die Wirksamkeit und Sicherheit des Medikaments Masitinib gegenüber einem Placebo bei chronisch progredienter MS getestet. Masitinib wird in der Veterinärmedizin für die Behandlung von “Mastzelltumoren bei Hunden” (Zitat Wikipedia) eingesetzt … Hallo? Geht’s noch? Ist das die Antwort? Einfach plattmachen, was aus der Reihe tanzt? Terrorismus gegen meinen eigenen Körper? …

Er war vollkommen unwissend, was eine Behandlungsmöglichkeit mit LDN angeht. Ich war desillusioniert. Haben Mediziner keinen Forschertrieb? Auch nicht an einem Uniklinikum? … *Arrrgh* Selbst jetzt, beim Schreiben, fuchst mich das immer noch!

Im Frühjahr 2015 habe ich meine Unsicherheit überwunden und mich gegen die Studienteilnahme und für LDN entschieden. Denn damit tue ich mir nichts Schlechtes. Damit tue ich mir schon deshalb etwas Gutes, weil ich mich bewusst entschieden habe. Gegen den Terrorismus. Für die Selbstbestimmung. Für die Erkenntnis: Progredienz ist nicht das Schlechteste. Die Pro.gredienz bringt mich zum Pro.aktiven Handeln. Weil die Schulmedizin mir keine Antworten geben kann, suche ich sie anderswo.

Progredienz ist mein Freifahrtschein. Mich auszuprobieren. Unkonventionelles zu denken. Seit ich mich traue, unkonventionell zu denken, lerne ich jeden Tag dazu. Über mich selbst. Über meinen Körper. Was uns beiden gut tut.

Und ich lade Dich ein: Wie ist Dein Blick auf die Progredienz? Was bedeutet Progredienz für Dich? Anfang oder Ende? Das Ende von allem oder nur von allem Altbekannten? Sogar der Anfang für Dein neues Denken, für neuen Mut, für ein Dich ausprobieren?

Komm ins Handeln! Du hast nichts zu verlieren!

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Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. M
    Margherita Minuzzi

    Hallo Marit!
    Ich musste gerade lächeln, als ich das mit dem Freifahrtschein las. Ich selbst habe keine MS, sondern eine therapierefraktäre CU gehabt. So einen “Freifahrtschein” habe ich vor 8 Jahren auch bekommen: Die totale Entfernung des betroffenen Dickdarms und somit die “offizielle” Heilung der CU! Seitdem liess mich mein Gastroenterologe trotz massiver Probleme irgendwie gefühlt “fallen”. Er hatte keine Vorgehensweise mehr für Leute wie mich. Nur noch Antibiotika…
    Und erst dadurch, genau wie bei dir, konnte ich dann beginnen, selbst nach Lösungen zu suchen. Erfolgreich! Heute bin ich komplett gesund und auch “in mir zu Hause”. Schön, deine so ähnlich positive Geschichte zu hören… LG!

    1. M
      Marit Mueller

      Hallo Margherita,
      schön, dass du auf meinen Blog gefunden hast – und ich dir ein Lächeln ins Gesicht zaubern konnte 😉 Ja, ich denke es ist wirklich so, dass man die besten Wege erst einschlägt, wenn man sich frei macht von Weisungen anderer. Denn keiner kennt einen so gut wie man selbst… Ich freue mich für dich, dass du deinen Weg gefunden hast und gehst! Alles Liebe dir! Viele Grüße, Marit

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