… fragst Du mich. Warum bei MS? Und überhaupt: Was verbirgt sich hinter diesen drei Buchstaben?
LDN steht als Abkürzung für „Low Dose Naltrexone“, übersetzt „Niedrig dosiertes Naltrexon“. Naltrexon ist bereits seit vielen Jahrzehnten in der Anwendung, in der Behandlung von Drogensucht. Als ein Opioid-Antagonist unterdrückt es das Verlangen des Suchtkranken nach der Droge.
Um die Wirkungsweise von Naltrexon als Opioid-Antagonist zu verstehen, tauchen wir jetzt ab auf die Zell- und Molekülebene unseres Körpers:
Der Begriff Opioid umschreibt alle Stoffe mit Eigenschaften ähnlich dem Morphin (also v.a. schmerzlindernd und süchtig machend in einem): natürliche und synthetische Opioide, aber auch körpereigene (endogene) Opioide. Allen diesen Stoffen ist gemein, dass sie sich an spezielle Abschnitte einer Körperzelle andocken können. Die Abschnitte nennt man Rezeptoren, das Andocken geschieht nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip. Die Körperzelle reagiert auf das Andocken, indem sie Botenstoffe ausschüttet, die wiederum eine Reaktion im Körper bewirken können. Da diese Reaktion ursächlich vom Opioid ausgelöst wird, nennt man das Opioid auch Opioid-Agonist (also einen Mitspieler, wenn es ums Auslösen einer Körperreaktion geht).
Aber gerade in der Suchtbehandlung ist diese Körperreaktion doch eher unerwünscht 😉 Und damit kommt das Naltrexon ins Spiel. Naltrexon ist, um beim Bild zu bleiben, der Gegenspieler des Opioids, also ein Opioid-Antagonist. Es passt ganz vortrefflich an die Opioid-Rezeptoren der Körperzellen und blockiert diese. Das Opioid kann also nicht mehr andocken, die Körperreaktion bleibt aus. Mit einer „normalen“, gebräuchlichen Dosierung von Naltrexon, also ab 50 mg aufwärts, werden die Rezeptoren dauerhaft blockiert.
Nun nochmal zurück zu den Körperzellen: Auch Immunzellen sind Körperzellen und fast alle von diesen tragen Opioid-Rezeptoren. Und jetzt mal weiter gedacht: Bei der MS macht ja bekanntlich die Immunabwehr gern ihr „eigenes Ding“! Dann ist es doch denkbar, dass Opioide die Immunzellen beeinflussen können…
Aber bevor Du aufspringst, um zum Dealer Deines Vertrauens zu flitzen… kommt der nächste Gedanke: Was ist denn mit den Opioiden, die Du in Dir trägst, den körpereigenen??? Lassen sich die nicht einspannen und beeinflussen zu Deinem Wohl?
Und damit ist der Gedanken-Weg nicht weit zum LDN, dem Naltrexon in niedriger Dosierung. Niedrig! Denn Du hast ja keine Drogensucht zu meistern, also auch nicht dauerhaft deine Rezeptoren zu blockieren.
Von LDN (Low Dose Naltrexone, niedrig dosiertem Naltrexon) spricht man, wenn das Naltrexon in einer Tagesdosierung von max. 4,5 mg vorliegt, also ein Zehntel der „Normal“-Dosis. Dann werden die Rezeptoren nicht dauerhaft blockiert, sondern nur für einige Stunden. Die körpereigenen Opioide bleiben ungebunden. Dadurch verliert der Körper kurzzeitig die Übersicht, wie viele Opioide er zur Verfügung hat. Er interpretiert die zeitweilige Blockierung mit „Oh, zu wenig körpereigene Opioide in mir drin!“. Verliert sich nach einigen Stunden die Blockade-Wirkung des LDN, tritt ein Effekt auf, der als Rebound-Effekt bezeichnet wird (rebound (engl.): zurückprallen): Aufgrund des vermeintlichen „Zu Wenig“ an endogenen Opioiden, produziert der Körper diese nun vermehrt.
Und mit diesem „Überangebot“ an Opioiden werden Prozesse angestoßen, die den MS-verwirrten Immun- und weiteren Körperzellen nur gut tun können: Entzündungen werden gehemmt, die Zellheilung wird unterstützt, das ganze komplexe Miteinander der Zellen wird näher Richtung Gleichgewicht (Homöostase) verschoben.
Das ist der Zauber hinter den drei Buchstaben LDN: der Effekt tritt ein, wenn die Wirkung nachlässt.
Darum ist es einen Versuch wert. Gerade bei MS.
Wenn Du diesen Zauber auch so unverschämt spannend findest wie ich, dann schau in den nächsten Artikel meiner LDN-Reihe: Da beschreibe ich meinen Weg, wie ich an das Naltrexon rangekommen bin.
Wenn Du Dich tiefer in das Thema eingraben möchtest, empfehle ich Dir folgendes deutschsprachiges Buch, das auch Grundlage dieses Artikels ist sowie zwei YouTube-Beiträge (englisch).
Quelle: Pies, Josef: LDN Niedrig dosiertes Naltrexon – eine vielversprechende Therapie bei MS, Morbus Crohn, HIV, Krebs, CFS und anderen Autoimmun- und neurodegenerativen Erkrankungen, VAK Verlag GmbH, Kirchzarten bei Freiburg, 2010.
Bildquellen
- 003_BlogImage_by_Daniel Roizer: www.stocksnap.io
Liebe Marit,
ich bin neu auf deinem block, weil mich jemand auf deine Beiträge zum Thema LDN hinge wiesen hat. wie ist es dir denn langfristig mit LDN ergangen? gibt es dazu einen extra blogbeitrag? wo finde ich ihn?
Nein es gibt keinen weiteren Beitrag bei mir. Mit einer langen Versuchsreihe kann ich also nicht dienen, es bleibt immer nur der Selbstversuch. Pauschale Aussagen oder Heilsversprechen, selbst ein „guckt, wie ich es geschafft hab“ verbieten sich m.E. – besonders bei progredienter MS. Alles Gute.
Liebe Marit, ich bewundere dich!! Mir kamen ein paar Tränen beim lesen ? Du hast soooo recht mit deinen Worten, und kannst damit bestimmt einige helfen. Ich bin froh dich kennengelernt zu haben ? weiter so. Schöne Ostertage bei Micha ???
Wir telefonieren bald, deine Cathrine
Meine liebe Catherine,
bleib mir weiter gewogen! Ich drück Dich!
Marit