Über mein Handicap und meine Zwangspunkte. Und darüber, dass ich mit Handicap den Hauptgewinn gefangen habe…
Meine Schwester hat geheiratet! Da war vorher einiges vorzubereiten. Und danach war einiges auszuruhen. Daher gibt’s einen Sonntags-Artikel. Klein und fein:
Ein Ansporn zum Vertrauen in Deine eigene Kraft!
Alltägliches Handicap
Mit Handicap gibt es für mich ja einige Zwangspunkte. Die da wären:
- Ich wackle. Das Gleichgewicht braucht viel Balance. Das heißt für mich: eine große Standfläche und 2 Walking Stöcke.
- Ich bin rechtsseitige Schlurferin. Da unterstützt eine Spiralorthese meine Fußheberschwäche.
Das bedeutet für mein Schuhwerk:
- Hohe Hacken – keine Chance.
- Filigrane Sohle – keine Chance.
- Ballerina, Slipper und Co. – keine Chance.
Ich trage also flache, leichte Schnürschuhe, mit ausreichend Innenraum für die Orthese, mit ausreichend breiter und flexibler Sohle. Also Turnschuhe.
Kein Problem für die Aktionen und Termine des alltäglichen Lebens.
Hochzeitliches Handicap
Und Hochzeit – !? alles schick, alles neu, alles stylish ?! – gehört zum Leben dazu!
Also auch hier Turnschuhe. Neu und in chicem, stylishen Schwarz. Die Logos mit einem schwarzen Permanent-Stift verdunkelt.
Alles passt, wackelt (nur in Maßen) und hat Platz.
Es war eine sehr schöne Feier. Meine Schwester sah zauberhaft aus. Ich natürlich auch. Mit einer blauen, indischen Kurta und geerbtem goldigen Geschmeide. Mit 2 Stöcken und Orthese. So wie das Leben eben gerade ist. Sonnenschein und gute Stimmung!
Interessanterweise kommen meine Stöcke dem ein oder anderen eher als kleines Accessoire vor. Nett, aber entbehrlich.
Aber gerade wenn viele Menschen nah bei mir stehen, erweisen die Stöcke mir einen Bärendienst. Denn wenig Abstand zu anderen und viel Gewusel um mich herum machen mich unsicher im Stehen.
Mal bitte die Stöcke aus dem Bild!
So auch beim Gruppenfoto. Geschossen von Disc-Jockey und Hobby-Fotograf in Personalunion. Ein Mann mit großen Ambitionen zum perfekten Foto. Dem waren meine Stöcke „im Weg“ – ob ich die nicht mal wegtun könnte *LOL*
Man könnte da ja grantig werden. Muss man aber nicht. Man könnte besser des Fotografen Aktionismus bewundern, nur das Beste fürs Brautpaar zu wollen. Alles perfekt!
Alles perfekt? Gehören die kleinen Brüche nicht zum Leben dazu? Ich habe es für mich angenommen, diese Brüche immer wieder zu (er-)leben und selbst auch der Bruch im „perfekten“ (Lebens-)Bild zu sein.
Der Foto-Kompromiss: Mit Stöcken in der 2. Reihe. Geht doch!
Hauptgewinn mit Handicap – Stock-Rosen!
Zu fortgeschrittener Stunde. Das obligatorische Brautstrauß-Werfen.
Na ich habe mitgemacht, zur Freude meiner Schwester. Mit dem Plan, ich stehe da mal so rum und halte mich an den Stöcken fest. Falle ja sonst um.
Und der Strauß fliegt durch die Luft – wie in Zeitlupe. Und auch wenn ich vielleicht gerade nicht mehr sprinte oder Rad fahre, die Augen-Arm-Hand-Koordination funktioniert prächtig.
Sehr prächtig.
Beinahe wie auf Autopilot. Der da meinte, er könne den Strauß unmöglich links neben mir auf den Boden fallen lassen.
Und haste nicht gesehen! Wenn es drauf ankommt im Leben, bei den wirklich wichtigen Dingen, schaltet das Gleichgewicht um auf 100% Leistung. Scheiß auf die Stöcke, fang den Strauß!
Hab ich gemacht.
Stock-Rosen: Hauptgewinn mit Handicap. Na geht doch!
Manchmal wird der Geist einfach vom Körper überrascht. Wenn er nicht damit rechnet. Wenn er mal nicht alles vor-plappert, vor-bewertet. Wenn er mal „die anderen“ machen lässt.
Was habe ich aus diesem Tag mitgenommen?
- Einen schönen Strauß aus Hortensie und Rosen.
Und wie fängst Du nun Deinen Hauptgewinn?
Wie immer mit einer guten, gesunden Einstellung zu Dir selbst!
Sobald Dir dies gelingt, spielen die äußeren Umstände keine so große Rolle mehr!
Und dann passen auch Turnschuhe zu einer Hochzeit ganz fabelhaft! Denn…
- Handicap ist relativ.
- Es steckt mehr in Dir als Du glauben magst.
- Ein „Na geht doch!“ ist immer drin.
Vertrauen in Deine eigene Kraft macht den Weg frei für den Hauptgewinn!
Blüten-Kunst
Mein Geschenk an meine Schwester: Ein Bild aus den Blütenblättern ihres Brautstraußes. Angefertigt von der ganz wundervollen Künstlerin Tina Altus.
Am Tag nach der Hochzeit stand ich für 2 Minuten mit 2 Sträußen in der Hand da.
Der originale Brautstrauß wird verwandelt in eine Erinnerung für die Ewigkeit.
Der geworfene/gefangene Strauß wird vergehen und mich in seiner Vergänglichkeit daran erinnern:
Das Leben ist im Wandel. Und bleibt damit überraschend und spannend. Alles ist drin!
Blütenbilder für die Ewigkeit von Tina Altus: www.flora-metaphorica.com
Bildquellen
- 017_Bild1_Marit: Marit Mueller
- 017_Bild2_Stock-Rosen: Marit Mueller
- 017_Bild3_2Sträusse: Marit Mueller
- 017_BlogImage_Stock-Rosen: Marit Mueller
Liebe Marit,
ein so gefühlvoller Bericht, der mich in meiner Einstellung bestätigt. Alles geht, eben nur anders. Und trotzdem ist man glücklich. Meistens 😉😀
Liebe Grüße Caro
Liebe Caro,
ich war, ehrlich gesagt, selbst überrascht von dieser Erfahrung. Wobei ich zugeben muss, dass ich mich gut positioniert hatte. Aber das ist es vielleicht auch. Sich gut positionieren können im Getriebe der Welt. Und wie alles im Leben klappt das mal weniger gut und mal richtig dufte.
Liebe Grüße, Marit