You are currently viewing Ayurveda und die Sankhya-Philosophie #2 Materie aus Bewusstsein

Ayurveda und die Sankhya-Philosophie #2 Materie aus Bewusstsein

Ayurveda ist die Wissenschaft des Lebens. Eine Wissenschaft, deren Erkenntnisse aus der genauen Beobachtung der Natur erwachsen.

Ayurveda basiert aber zugleich auf sehr alten philosophischen Denkansätzen. Mit einem tiefen Verständnis über die Entstehung von Bewusstsein, Materie und Leben.

Der Weg vom Bewusstsein zur Materie

… wie ihn die Sankhya-Philosophie beschreibt, dient dem Ayurveda u.a. dazu, sein Verständnis über den Menschen, über Gesundheit und Krankheit, abzubilden.

Im ersten Teil habe ich beschrieben, wie sich aus dem Großen, dem Kosmischen Bewusstsein unser individuelles Bewusstsein formt und wie sich dieses weiter diversifiziert in die verschiedenen Teile unseres Geistes.

Nun sind wir ja keine reinen Geist-Wesen, sondern Wesen aus Geist UND Materie. Und wie sich nun diese Materie manifestiert, das skizziere ich in…

Teil 2 – Wie sich Materie aus Bewusstsein manifestiert

Wir schauen noch einmal zurück. Auf PRAKRITI, die Schöpfungsenergie, die sich in uns manifestiert. PRAKRITI kann drei verschiedene Eigenschaften – GUNAS – annehmen.

Drei Gunas – universelle Eigenschaften

GUNAS sind universelle Eigenschaften und beschreiben die Qualitäten von fein- oder auch grobstofflicher Natur:

Sattva

… welches das Prinzip von Wachheit, Reinheit, Stabilität und Harmonie beschreibt.

Aus SATTVA manifestieren sich der Geist (in all seinen Teilen), unsere 5 Sinne und ihre Sinnes- und Handlungsorgane.

Rajas

welches Dynamik verursacht.

Aus RAJAS erwächst Bewegung, ob motorisch, sensorisch, geistig oder emotional.

Tamas

… welches für Masse, Trägheit und Schwere verantwortlich ist.

Aus TAMAS wiederum entstehen die 5 Elemente RAUM, LUFT, FEUER, WASSER und ERDE.

Wirkung der GunasQuelle: Marit Mueller
Abbildung 1: Wirkung der Gunas

Ich bin auch auf eine weitere Lesart der Manifestation von Materie gestoßen, die beschreibt, dass sich die 5 Elemente direkt aus dem Zusammenwirken der drei GUNAS manifestieren:

Aus SATTVA bildet sich RAUM. Aus RAJAS bildet sich FEUER, Aus TAMAS bildet sich ERDE.

Aus dem Zusammenwirken von SATTVA und RAJAS entsteht LUFT, aus dem Zusammenspiel von RAJAS und TAMAS entsteht WASSER.

Wirkung der Gunas - AlternativeQuelle: Marit Mueller
Abbildung 2: Wirkung der Gunas – Alternative

Welches Verständnis der Genese nun die wirklich richtige ist, mag ich nicht zu sagen. Aber ablesbar ist, dass über die GUNAS – die universellen Eigenschaften – die Entstehung der 5 Elemente geschieht.

Fünf Elemente

Die 5 Elemente stehen dabei für die physikalischen Zustände, in denen sich Materie befinden kann: formlos, fest, flüssig, gasförmig oder auch strahlend.

Die 5 Elemente manifestieren sich eins nach dem anderen, entsprechend ihren unterschiedlichen Dichten.

Raum

Die Manifestation beginnt mit dem RAUM, dem subtilsten der Elemente. Raum ist dimensionslos, reglos, klar und leicht.

Abbildung 3: Element RaumQuelle: https://pixabay.com/de/grafiken-tapete-hintergrund-966060/
Abbildung 3: Element Raum

Raum ist nukleare, ursprüngliche Energie. Er entsteht, wenn das unmanifestierte, universelle Bewusstsein zu schwingen beginnt, wenn dadurch der Klang in die Welt kommt und damit auch unser Sinn des Hörens.

Im Raum findet jegliche Aktivität, alle Interaktion und Kommunikation statt. In unserem Körper findet sich Raum bspw. in allen unseren Hohlorganen wie Lunge, Magen und Darm, aber auch in Nase und Mund. Unsere Psyche, unser Geist nutzt Raum für die die geistige Freiheit, für unser Bewusstsein. Raum kann uns aufgrund seiner Dimensionslosigkeit aber auch isolieren, und uns die “Erdung” verlieren lassen.

Luft

Aus Raum entsteht durch Bewegung das zweite Element, LUFT. Auch Luft ist leicht und klar, aber auch rau und beweglich. Luft kann sich im Raum bewegen.

Abbildung 4: Element LuftQuelle: https://pixabay.com/de/ballon-himmel-hei%C3%9Fluftballone-wind-114115/
Abbildung 4: Element Luft

Diese Bewegung nehmen wir über einen weiteren Sinn wahr, dem Tastsinn. Wir spüren die Luftbewegung auf unserer Haut.

Luft ist elektrische Energie. Luft stellt das Prinzip von Bewegung dar, und so zeigt sich Luft in allen Bewegungsabläufen in der Natur, auch in uns: Körperlich bspw. in den Bewegungen unserer Muskeln, im Rhythmus von Herzschlag und Atmung, in der Darmperistaltik. Geistig u.a. in unseren Gedanken, die so oft in Bewegung sind.

Feuer

Bewegt sich Luft, so entsteht Reibung, welche sich in Wärme, Hitze und dem Element FEUER zeigt. Feuer ist heiß, scharf, leuchtend, durchdringend. Feuer ist ein aktives, veränderliches Element. Feuer steht auch für Licht, und wir nehmen dieses über unseren Sinn des Sehens mit unseren Augen wahr.

Abbildung 5: Element FeuerQuelle: https://pixabay.com/de/feuer-holzbrand-flammen-brennen-171229/
Abbildung 5: Element Feuer

In der Natur erleben wir Feuer jeden Tag – in der Sonne unseres Sonnensystems, welche Licht und Wärme spendet und damit Leben ermöglicht. In uns selbst erfahren wir Feuer auf körperlicher Ebene im Solarplexus, in welchem Körpertemperatur und Stoffwechsel reguliert werden. Auf psychischer Ebene dient uns Feuer dem Verstehen und Erkennen, unserer Intelligenz und Wandlungsfähigkeit. Feuer bewirkt aber auch Wut, Kritik, Ehrgeiz und Konkurrenzdenken.

Wasser

Die nächste Manifestation von Bewusstsein ins WASSER. Es entsteht, wenn Feuer abkühlt und Kondensation eintritt. Wasser ist schwer, fließend, kalt und zusammenhängend. Wasser verbindet und ist als 4. Manifestation des Bewusstseins das erste, für uns be”greifbare” Element. Wasser bindet Moleküle und ist ein universelles Lösungsmittel.

Abbildung 6: Element WasserQuelle: https://pixabay.com/de/ozean-welle-meer-wasser-gezeiten-918999/
Abbildung 6: Element Wasser

Wasser zeigt sich im Sinn des Schmeckens über die Zunge. Denn mit trockener Zunge können wir nicht schmecken. In unserem Körper findet sich Wasser in allen Körperflüssigkeiten wie bspw. Blut, Plasma, Urin. Wasser ist lebensnotwendig für die Zellen unseres Organismus. Wasser erzeugt Liebe und Zufriedenheit. Ein Zuwenig bedeutet Durst, ein Zuviel aber dagegen Ödeme.

Erde

Wasser verdichtet sich zu ERDE, dem festesten der 5 Elemente. Erde ist schwer, hart, rau, dicht und träge. Erde ist mechanische/physikalische Energie und verfestigtes Bewusstsein. Erde zeigt sich im Sinn des Riechens über die Nase.

Abbildung 7: Element ErdeQuelle: https://pixabay.com/de/boden-hand-bauernhof-garten-d%C3%BCnger-766281/
Abbildung 7: Element Erde

Sie steht für alle festen Körperstrukturen wie Gewebe Knochen, Zähne, Haare, Haut).  Auf körperlicher Ebene gibt Erde Kraft, Ausdauer und Struktur. Auf psychischer Ebene unterstützt sie die “Erdung”, das Vergeben und Wachsen. Ein Zuviel führt zu Gier, Anhaftung oder Depression, ein Zuwenig macht uns wankelmütig und wenig standfest.

Wir sind das Große im Kleinen

Die 5 Elemente sind in jeder Art Materie vorhanden, organisch oder anorganisch.

Der Mensch selbst ist ein kleines Abbild der großen Natur, des Universums. Er ist der Mikrokosmos im Makrokosmos. Alles was wir im Großen finden, finden wir auch im Kleinen.

So finden wir auch die 5 Elemente auch in uns Individuen. Unsere Sinne, unsere körperliche und psychische Struktur sind alle verbunden mit dem Wirken der 5 Elemente.

“Tatsächlich sind alle fünf Elemente auf jeder Ebene unserer Physiologie gegenwärtig, sogar in der einzelnen Zelle. Innerhalb der Zelle ist die Zellmembran die Erde, die Vakuolen – Hohlräume im Plasma der Zellen – der Raum, das Plasma ist Wasser, die Nukleinsäure und andere chemischen Bestandteile sind Feuer und die Bewegung der Zelle beruht auf dem Luft-Prinzip. Jede einzelne Zelle hat außerdem Geist, Intelligenz und Bewusstsein, mit deren Hilfe sie wählen und Entscheidungen treffen kann.” [LAD2010], S. 23

Spür mal in dich hinein. Welches der Elemente nimmst Du gerade in seinem Wirken wahr?

Materie aus Bewusstsein

Tja… mehr isses nicht *zwinker*

Und nehmen wir den Gedanken an, dass alle Materie aus Bewusstsein entsteht, stellt sich am Ende doch die Frage:

Sind wir nicht doch Geist-Wesen?

Geist, Bewusstsein nur in einer anderen, erfahrbaren, erfühlbaren Form? Stellt das nicht jede Idee von materiellem Besitz oder körperlicher Unversehrtheit auf den Kopf?

Wie auch immer die Antwort aussehen mag… Mein Kopf schwirrt…


Zurück zur Übersicht > Ayurveda <


Verwendete Literatur

[LAD2010]

Lad, Vasant (2010): Selbstheilung mit Ayurveda. Das Standardwerk der indischen Heilkunde. Neuausg. München: Barth.

Teile diesen Beitrag!

Bildquellen

Schreibe einen Kommentar